Kurzgeschichtenwettbewerb I - Fantasy - Gewinner!!!
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Kurzgeschichtenwettbewerb I - Fantasy - Gewinner!!!
Hinweis!!!
Die Kurzgeschichte
war "Teilnehmer"
des Schreibwettbewerbes -
Fantasy / Märchen - Mai / Juni 2010
( 1. Platz)
Anderswelt - von ViolaM
- Kurzgeschichte -
Daphne hasste Sonntage und doch war es mal wieder soweit. Jeden Sonntagnachmittag war sie verpflichtet sich herzurichten, um mit ihren Eltern ihre Großmutter im Altersheim zu besuchen. Doch was sollte sie dort? Hieß es nicht, dass ihre Oma an Alzheimer erkrankt war und sie mit größter Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr wahr nahm? Es war schließlich Frühling und da hatte ein 16jähriger Teenager mit Sicherheit Besseres im Sinn. Natürlich liebte sie ihre Großmutter, doch mit zunehmender Intensität dieser Krankheit veränderte sich ihre Liebe. In was sich ihre Liebe veränderte, wusste Daphne selbst nicht. Es war eher, als wenn sie eine Barriere aufbaute, um Abstand von den schmerzhaften Gefühlen zu bekommen, die sie mit ihrer Großmutter aufgrund der Krankheit verband.
Genervt saß Daphne in ihrem Zimmer und wartete auf das Rufen der Mutter, dass es nun wieder losging, in Richtung Altenheim. Sie lag auf ihrem Bett und starrte aus dem Fenster. Davor lies der Wind die frisch erblühten Blätter des Magnolienbaums erbeben und sie hörte das leise Zwitschern der Amseln.
Warum nur rief ihre Mutter nicht nach ihr? Es war schon recht spät und Daphne wunderte sich, als sie das Knarren der Treppe vernahm. Es klopfte an die Tür und ihr Vater trat ein:
„Liebes, sei so gut, du musst Oma heute alleine besuchen. Deine Mutter hat sich sehr wahrscheinlich den Knöchel geprellt und ich muss sie gleich in das Krankenhaus fahren.“ „Auch das noch“, maulte Daphne, „können wir den Besuch nicht einfach auf nächste Woche verlegen, Oma merkt es doch eh nicht mehr.“ Ihr Vater sah sie streng an und somit wusste sie, dass alles Reden keinen Sinn mehr hatte. Sie musste sich in ihr Schicksal fügen. Ihr Vater lies die Tür offen stehen und schon hörte sie das Klimpern der Autoschlüssel sowie das schmerzhafte Stöhnen ihrer Mutter.
Sollte sie einfach zu Hause bleiben und später sagen, sie wäre dort gewesen? Nein, lügen wollte sie nicht. Also raffte sie sich auf, warf noch einmal einen Blick auf den geliebten Magnolienbaum vor ihrem Fenster und setzte sich in Bewegung.
10 Minuten später war Daphne bereits mit ihrem Fahrrad bei dem Altersheim angelangt. Müde sprang sie vom Sattel und legte die Sicherheitskette fest um Rad und Fahrradständer.
Sie hatte alles dabei, frische Nachthemden und Unterwäsche, welche ihre Mutter schon vorsorglich in den davor vorgesehenen kleinen roten Koffer gepackt hatte, sowie etwas Taschengeld, falls sich ihre Großmutter in den kurzen lichten Momenten, die sie ebenfalls hatte, etwas erlauben konnte und wenn es ein Schokoriegel war. In jedem Detail, welches ihre Mutter sorgsam gepackt hatte, spürte man die Vorwürfe, welche sie sich machte, dass sie Daphnes Großmutter nicht mehr selbst pflegen konnte. Der Teenager überlegte, wie alt war Oma nun? Sie rechnete, ja – es müssen nun 81 Jahre sein! Geburtstage konnte sie sich nie merken, aber den ihrer Oma würde sie niemals vergessen! Schließlich wurden in der Vergangenheit immer große Feste gefeiert, an denen die gesamte Familie teilnahm. Ihre Großmutter war beliebt und irgendwie war sie auch stolz auf sie! Keiner konnte Geschichten besser erzählen als sie! Geschichten von Wundern und Geistern, Elfen und Kobolden, es war einfach herrlich ihr zuhören zu dürfen. Und damit fesselte sie nicht nur Daphne, nein, jeder aus ihrer Familie war ein begeisterter Zuhörer!
Sie schritt zur Eingangstür des Altersheims und stieß die Tür auf. Der muffige Geruch von Desinfektionsmitteln und Reinigern schlug ihr in die Nase und eine gewisse Schwermut setzte sich auf ihr Gemüt. Natürlich konnte man froh sein, dass es solche Einrichtungen gab, aber war es nicht möglich, diese etwas freundlicher zu gestalten? Es waren jedes Mal dieselben Fragen, welche Daphne beschäftigen, als sie das Gebäude betrat. An der Rezeption saß eine Krankenschwester, welche sie noch nicht kannte. Es musste eine neue Mitarbeiterin sein. Die weiß gekleidete Dame musterte sie von oben bis unten, „wo möchten Sie denn hin, junge Frau?“
Daphne war überrascht, schließlich war sie hier bekannt und wurde noch nie gefragt.
„Ich möchte zu Frau Wagner, ich bin ihre Enkelin.“ Die Angestellte des Altenheims überflog die Kartei, „wir haben 2 Frauen mit dem Namen Wagner, wie ist denn der Vorname?“ Nun wurde der Teenager langsam genervt und entgegnete: „meine Großmutter heißt Daphne Wagner, so wie ich.“ „Ah, ja, ich habe sie gefunden“, die Frau hinter der Rezeption war beruhigt. „Wissen Sie junge Dame, in der letzten Zeit kommen immer wieder Personen hier herein, welche sich als Verwandte unserer Patienten ausgeben, nur um sie zu bestehlen. Da müssen wir schon ein ganz besonderes Augenmerk darauf haben, wer hier rein kommt und da ich neu bin, bin ich verpflichtet, allen Angaben nachzugehen!“ Daphne war beruhigt und durch diese Entschuldigung wieder gnädig gestimmt, „ist okay, dann gehe ich mal hoch in den 2. Stock.“ Mit diesem Satz drehte sie sich um und lies die Krankenschwester hinter sich.
Als Daphne vor der Zimmertür ihrer Großmutter angelangt war, holte sie nochmals tief Luft und klopfte an. Ein leises „Herein“ war zu vernehmen, als sie bereits die Türklinke nach unten drückte. Das Zimmer war, durch die Frühlingssonne, hell erleuchtet und ihre Oma saß am geöffneten Fenster und lies die Sonnenstrahlen entspannt auf ihr Gesicht fallen, während sie die Augen geschlossen hielt.
„Hallo Oma, ich bin es, Daphne! Mami und Papa konnten nicht kommen, da Mami sich den Knöchel geprellt hat, daher bin ich heute mal alleine da.“ Sie hielt die Luft an, um an der Reaktion ihrer Großmutter zu erkennen, in welchem Zustand sie sich befand. Ihre Oma öffnete die Augen, schmunzelte zu ihr rüber und breitete die Arme aus – einladend, um sie zu begrüßen. Also hatte sie sie erkannt. Daphne war erleichtert. „Es ist schön mein Kind, dass du gekommen bist, gerade in diesem Moment habe ich mich über dich unterhalten.“ Ihre Großmutter schmunzelte immer noch. Der Teenager runzelte die Stirn, „über mich unterhalten? Aber mit wem denn? Du bist doch alleine hier, zumindest sehe ich niemanden!“ Ihre Oma lächelte immer noch – wissend – um soviel mehr als dieser junge Teenager je zu Träumen vermochte. „Nein, nein, mein Kind! Ich habe mich über dich unterhalten. Weißt du denn nicht, dass ich jeden Tag Besuch erhalte, es ist April!“ Daphne trat näher an ihre Großmutter heran und umarmte diese erst einmal nachdem sie den kleinen Koffer auf ihr Bett abgesetzt hatte.
Die alte Frau strahlte, sie strahlte so sehr, als wenn sie gerade ein Wunder erfahren hatte und es mit jemanden teilen wollte. „Kind, siehst du die Natur vor meinem Fenster, wie sie von dem Frühling wach geküsst worden ist. Ist es nicht wie ein Frühlingszauber, der sich auf alle Pflanzen gelegt hat, um diese zu bezirzen?“ Nun musste auch Daphne lächeln. „Ja Oma, du weißt doch, wie sehr ich den Frühling liebe, ebenso wie du! Das habe ich doch immer schon, das weißt du doch.“ Ihre Großmutter lehnte sich nach vorne, „das weiß ich, mein Täubchen und ich denke, es wird Zeit, dass du mehr erfährst von dem Wunder. Dem Wunder, welches mir im Traum offenbart worden ist, als ich ungefähr in deinem Alter war.“
Daphne wurde neugierig und setzte sich gegenüber ihrer Großmutter auf das Bett, wo auch der Koffer lag. „Doch als Erstes musst du mir erzählen, mit wem du dich unterhalten hast.“
Die alte Frau lehnte sich in ihrem Stuhl wieder zurück, „eines nach dem anderen mein Kind.“
Sie schloss die Augen und atmete tief durch: „als ich in deinem Alter war, hatte ich einen wunderbaren Traum. Den Traum von der Anderswelt. Es ist das unsichtbare Reich der Götter, in dem Geister, Feen und Riesen leben. Mal ist es ein Himmel, der Träumer anlockt, mal ein mächtiges Reich, dass den bösen und habgierigen Menschen ihre Grenzen aufzeigt.
Ich war schon immer ein Träumer und jedes Jahr im April hatte ich diesen Traum, der mir die Wunder dieser Welt zeigte. Die Grenzen zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Welt sind in diesem Moment nicht klar deutlich und viele Seher oder auch Träumer können in diesem Monat beide Welten besuchen. Und da habe ich mich verliebt.“
Die alte Frau machte eine kurze Pause und Daphne wusste in diesem Moment nicht ganz genau, was sie davon halten sollte. Wollte ihre Oma ihr nur eine neue Geschichte erzählen? Oder konnte sie mal wieder Realität und Fantasie nicht auseinander halten? Es war ein Drama mit dieser Krankheit, denn selten wusste der Teenager woran er bei seiner Großmutter war.
„Wie verliebt? Oma, aus dem Alter bist du doch schon draußen.“ Daphne grinste ihre Großmutter breit an. Doch ihre Großmutter setzte ein ernstes Gesicht auf, „Kind, das ist kein Märchen, ich meine es wirklich ernst, also höre mir zu und veralbere mich nicht.“ Nachdem die alte Dame sich vergewissert hatte, dass ihre Enkelin ihr mit respektvoller Ernsthaftigkeit weiter zuhörte, entspannte sie sich wieder. „Ich verliebte mich also in der Anderswelt. Er ist eine stattliche Erscheinung und erst war ich verängstigt, denn ich war ja fremd in dieser Welt, die aus Geistern und Feen besteht. Und dann dieser adrette junge Mann, der mir in die Augen sah und alles andere darüber hinaus vergessen wollte. Ich konnte ihn immer nur einen Monat im Jahr besuchen und dass nur in einem besonderen Traum. Oftmals dachte ich, es wäre alles nur Einbildung und er würde gar nicht existieren, ebenso wenig wie diese Anderswelt. Doch der Frühlingszauber im April hielt mich fest in seinen Bann! Und eines Tages besuchte er mich im Sommer. Du kannst Dir kaum vorstellen wie überrascht ich war, dem Mann aus meinen Träumen leibhaftig auf einmal gegenüber stehen zu dürfen. Er hatte sich heimlich aus der Anderswelt für nur eine Stunde hinweg stehlen können. Wie er das geschafft hatte, weiß ich bis heute nicht, aber ich gab ihm das Versprechen, wenn ich alt geworden bin und kurz davor bin zu sterben, zu ihm zu kommen, in das Reich der Anderswelt – jung und schön, so wie er mich kennen lernen durfte- und dann für immer bei ihm bleiben werde. Und mein Kind, dieser Zeitpunkt ist nun eingetroffen.“ Daphne bekam Angst, „Oma, du wirst noch nicht sterben. Bitte sag so was nicht und erfinde nicht einfach irgendwelche Geschichten nur, um es mir zu erleichtern, wenn du nicht mehr da bist.“ Doch die alte Frau hatte immer noch das nach Überzeugung ausgerichtete Gesicht und die Sicherheit, dass es auch so kommen würde und nicht nur eine erfundene Geschichte ihres vernebelten Geistes war. „Auch du mein Kind wirst den Frühlingszauber kennen lernen und ihm verfallen und ob es nun ein Traum oder ein Wunder ist, das wirst du dann für dich ganz alleine entscheiden müssen!“ Daphne war mehr als verunsichert. „Und wie soll ich deiner Geschichte Glauben schenken können?“ Ihre Großmutter fand ihr Lächeln zurück, „das wirst du dann schon sehen! Ich werde dir hier und jetzt versprechen, dass ich dir ein Zeichen senden werde, dass du nicht übersehen werden kannst.“ Daphne hoffte auf die Verwirrtheit ihrer Großmutter und dass der Zustand sich bis nächsten Sonntag wieder entspannen würde. Sie konnte diese Geschichte von Wunder und Traum nicht glauben. Zu unwirklich waren die Ausführungen dieser alten, kranken Frau.
Als sie den kleinen Koffer ausgepackt und die Wäsche gewechselt hatte, verabschiedete sie sich von ihrer Oma und fuhr mit dem Fahrrad wieder nach Hause. Ihrer Eltern waren ebenfalls wieder vom Krankenhaus zurück und ihre Mutter trug eine Gipsschiene am rechten Sprunggelenk. „Na, wie war der Besuch bei Oma“, begrüßte sie ihr Vater. „Wie immer“, erwiderte Daphne, legte den kleinen Koffer wieder auf die Ablage im Wohnzimmer und verschwand in ihrem Zimmer.
Noch am Abend klingelte das Telefon. Die Eltern des Teenagers riefen Daphne in das Wohnzimmer und blickten betroffen in ihre Richtung als sie die Treppe herunter kam. Es war totenstill in dem dunkel möblierten Raum, der nach Zedernholz roch. Daphne ahnte, was nun kommen würde und eine Gänsehaut überzog ihre Arme. Ihre Großmutter hatte sich tatsächlich von ihr verabschiedet und war noch am selben Abend verstorben.
Der Schock saß tief in den drei Menschen und nur mühsam konnten sie die Tränen zurück halten. Ihre Mutter nahm sie in den Arm und seufzte tief und flüsterte: „Oma hatte der Krankenschwester gesagt, sie solle dir unbedingt noch etwas ausrichten. Dass sie ihr Versprechen halten würde und dass sein Name Hafgan sei. Kannst Du damit etwas anfangen oder war es wieder nur die Krankheit, die Oma so zugesetzt hat?“ Daphne zuckte mit den Schultern. Zu tief saß der Klos in ihrem Hals, als dass sie auch nur das Geringste hätte sagen können.
Die Zeit ging ins Land. Die Beerdigung der Großmutter lag schon lange hinter dem Teenager und es war wieder Frühling. Noch immer dachte Daphne an das Versprechen ihrer Oma, doch es war sicherlich nur wieder der verwirrte Geist der alten Frau, der ihr die Sinne vernebelt hatte. Als sie das laute Meckern ihres Vaters aus dem Garten hörte. „Wer zum Teufel hat denn dieses Unkraut hier ausgesät? Es ist ja schrecklich, überall wuchert dieses Zeug. Was ist das überhaupt, habe ich ja noch nie gesehen.“ Er stampfte in die Küche und sah den Teenager und ihre Mutter genervt an. „Habt ihr irgendwas ausgesät, dass mir hier jetzt den Garten ruiniert?“ Der Vater stob in das Wohnzimmer und holte sich eines seiner Pflanzenbücher und begann wild zu blättern. Nachdem er sich mindestens dreimal die Brille zurechtrückte, wurde sein Blick immer fassungsloser. „Ihr glaubt gar nicht, was wir hier im Garten haben, es ist einfach unfassbar.“ Mit aufgeschlagenem Buch raste er in den Garten um die Blätter dieses „Unkrauts“ genauestens zu studieren. Nach einiger Zeit schob er wissend die Brille auf sein Haar, klappte das Buch zu und ging langsam zurück in die Küche. Die Augen von Daphne und ihrer Mutter klebten auf den seinen. Was war denn nun? Keiner wollte die Frage wirklich stellen. „Also, ich habe jetzt mal nachgesehen und es besteht kein Zweifel. In unserem Garten wuchern überall Lorbeersträucher. Es ist wirklich ein Wunder. Und das Beste daran ist, ich habe hinten in der Klammer gesehen, dass Lorbeer auf Griechisch „Daphne“ heißt. Es ist wie ein Wink aus dem Jenseits von unserer Oma! Denn schließlich war ihr Name ebenfalls Daphne.“
Alle sahen sich entgeistert an. Hatte Daphnes Großmutter doch ihr Versprechen gehalten und ihnen den Frühlingszauber geschenkt? Natürlich ließen sie die Lorbeersträucher stehen, im Gedenken an ihre Großmutter. Und nachdem Daphne noch etwas im Internet recherchierte, stellte sie fest, dass der Geliebte ihrer Oma lt. der keltischen Mythologie tatsächlich existierte. Hafgan war der Geist des Sommers, der jedes Jahr im April erwachte um sich auf seine Regentschaft im Sommer vorzubereiten! Seit diesem Zeitpunkt hatte auch Daphne in jedem April den Traum von der Anderswelt und sie durfte diese Welt betreten, erkunden und neue Geschichten erfinden. Das Wunder ihrer Großmutter hatte sie als ein Geschenk, nach deren Tod, erhalten.
Ende
Zuletzt von Phönixfeder am So 08 Aug 2010, 08:54 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
Re: Kurzgeschichtenwettbewerb I - Fantasy - Gewinner!!!
Herzlichen Glückwunsch!
Hast den ersten Platz zurecht verdient :) Eine gute Geschichte
Hast den ersten Platz zurecht verdient :) Eine gute Geschichte
Gast- Gast
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